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Null K


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Informationen zum Buch
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Rezension von

Thomas Stumpf

Null K Ross Lockhart ist ein Milliardär irgendwo in seinen Sechzigern. Seine Ehefrau (die Zweite), Artis Martineau, ist wesentlich jünger als er, aber todkrank. Er hat irgendwo in der Wüste eine Anlage errichten lassen, mit deren Hilfe er seine Frau – aber auch viele andere Menschen – in Kryostasis einlagern kann. Ein Kälteschlaf bei null Kelvin (daher der Titel), der es ermöglichen soll, die vorübergehend Verstorbenen irgendwann in ferner Zukunft wieder aufzutauen und ins Leben zurückzuholen, wenn die Menschheit alle Krankheiten und Kriege überwunden haben, am besten auch den Tod, so dass dann ein unendliches Leben möglich sein soll. „Wir werden geboren, ohne eine Wahl zu haben. Müssen wir auch genauso sterben? Macht es den Menschen nicht gerade aus, dass er sich weigern kann, ein bestimmtes Schicksal anzunehmen?“ Das ist, was Ross antreibt, weniger die Liebe zu seiner Frau. Ross lädt seinen Sohn Jeffrey ein, damit dieser sich ein letztes Mal für unbestimmte Zeit von seiner Stiefmutter verabschieden kann, bevor diese ins temporäre Jenseits befördert wird. Jeffrey allerdings kann dieser Idee insgesamt nichts abgewinnen und hinterfragt das ganze Vorhaben grundsätzlich, denn er ist der Auffassung, das Leben sei sinnlos, wenn an seinem Ende nicht der Tod steht. Das ist das Grundthema des Buchs und Don DeLillo widmet sich den ganz großen Fragen des Lebens und rührt an einem sehr aktuellen Thema. Zwischen Ross und Jeffrey, aber auch zwischen der tatsächlich betroffenen Artis kommt es zu langen Gesprächen über die Sinnhaftigkeit eines solchen Verfahrens. Und genau in diesen Gesprächen kommt es zum intellektuellen Schlagabtausch, zum Pro und Contra. Im Kern steckt die alte Frage, ob der Mensch alles soll, was er kann. Macht es Sinn, sein Leben derart künstlich zu verlängern, den Tod auszutricksen, um dann – irgendwann in Jahrzehnten oder Jahrhunderten – das eigene Dasein fortzusetzen. In der Hoffnung, dass quasi gegen alle Krankheiten und alles Leid ein Gegenmittel erfunden ist und die Menschheit keine Kriege mehr führt. Und um welchen Preis macht man das? Was ist mit all den anderen, Familie, Freunde, die nicht mehr da sein werden? Und das alles natürlich nur in der Hoffnung, dass das technisch auch klappt und Körper und Geist die Kryonisierung über eine derart lange Zeit überstehen. Und, und, und. Das Buch ist hochphilosophisch und fordert dem Leser eine Menge Ausdauer ab. Mitdenken ausdrücklich gewünscht. Das Setting ist vollkommen steril, die Umgebung, die Dialoge sind ohne jegliche emotionale Wärme, alles wirkt sprachlich bereits sehr unterkühlt. Das ist sprachlich geschickt, ja meisterlich gelöst und geht Hand in Hand mit Titel und Thematik. Dafür Hut ab. Die handelnden Akteure, vor allem Ross, wirken dabei aber weniger wie natürliche Personen als vielmehr wie abstrakte Prinzipien, die sich gegenüberstehen. So sprechen keine Menschen, es ist alles auf die reine Sachebene reduziert. Wenn Jeffrey alleine durch die riesige Anlage streift, bleibt alles anonym, Türen verschlossen, keine Beschilderungen, kaum ein Mensch zu sehen, dabei gibt es zahlreiche Mitarbeiter, Techniker, Kryokandidaten, Angehörige, sogar ein Hospiz. Das ist dann recht kafkaesk. Man kann als Leser herrlich über die aufgeworfenen Fragen sinnieren, allerdings ist das auch recht zäh. Oder um es vielleicht etwas überspitzt zu formulieren: ein starkes Buch, aber ein schwacher Roman. Es gibt so gut wie gar keine Handlung. Jeffrey sucht die Kryoanlage seines Vaters auf und es werden philosophische Ansichten ausgetauscht. Das ist alles, mehr passiert nicht. DeLillo kommt inhaltlich nicht auf den Punkt, auch am Ende bleibt alles offen. Es gibt keine Spannungskurve, keine Dramaturgie. Der technische Vorgang selbst ist von nur geringer Bedeutung und wird so gut wie ausgeblendet. Darum geht es nicht. Irgendwann tut sich ein weiterer Abschnitt des Romans auf, indem ein wenig aus Jeffreys Leben erzählt wird. Das hat inhaltlich kaum einen Bezug zum Rest der Erzählung und erhellt leider keine weiteren Aspekte. Ein interessantes Buch zu einem Thema, das die Menschheit umtreibt: kann ich den Tod überlisten und was bin ich bereit dafür zu tun. Sprachlich überragend, aber ohne relevante Handlung, die man von einem Roman erwartet. Das sollte man wissen.

Ross Lockhart ist ein Milliardär irgendwo in seinen Sechzigern. Seine Ehefrau (die Zweite), Artis Martineau, ist wesentlich jünger als er, aber todkrank. Er hat irgendwo in der Wüste eine Anlage errichten lassen, mit deren Hilfe er seine Frau – aber auch viele andere Menschen – in Kryostasis einlagern kann. Ein Kälteschlaf bei null Kelvin (daher der Titel), der es ermöglichen soll, die vorübergehend Verstorbenen irgendwann in ferner Zukunft wieder aufzutauen und ins Leben zurückzuholen, wenn die Menschheit alle Krankheiten und Kriege überwunden haben, am besten auch den Tod, so dass dann ein unendliches Leben möglich sein soll. „Wir werden geboren, ohne eine Wahl zu haben. Müssen wir auch genauso sterben? Macht es den Menschen nicht gerade aus, dass er sich weigern kann, ein bestimmtes Schicksal anzunehmen?“ Das ist, was Ross antreibt, weniger die Liebe zu seiner Frau. Ross lädt seinen Sohn Jeffrey ein, damit dieser sich ein letztes Mal für unbestimmte Zeit von seiner Stiefmutter verabschieden kann, bevor diese ins temporäre Jenseits befördert wird. Jeffrey allerdings kann dieser Idee insgesamt nichts abgewinnen und hinterfragt das ganze Vorhaben grundsätzlich, denn er ist der Auffassung, das Leben sei sinnlos, wenn an seinem Ende nicht der Tod steht.

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Das ist das Grundthema des Buchs und Don DeLillo widmet sich den ganz großen Fragen des Lebens und rührt an einem sehr aktuellen Thema. Zwischen Ross und Jeffrey, aber auch zwischen der tatsächlich betroffenen Artis kommt es zu langen Gesprächen über die Sinnhaftigkeit eines solchen Verfahrens. Und genau in diesen Gesprächen kommt es zum intellektuellen Schlagabtausch, zum Pro und Contra. Im Kern steckt die alte Frage, ob der Mensch alles soll, was er kann. Macht es Sinn, sein Leben derart künstlich zu verlängern, den Tod auszutricksen, um dann – irgendwann in Jahrzehnten oder Jahrhunderten – das eigene Dasein fortzusetzen. In der Hoffnung, dass quasi gegen alle Krankheiten und alles Leid ein Gegenmittel erfunden ist und die Menschheit keine Kriege mehr führt. Und um welchen Preis macht man das? Was ist mit all den anderen, Familie, Freunde, die nicht mehr da sein werden? Und das alles natürlich nur in der Hoffnung, dass das technisch auch klappt und Körper und Geist die Kryonisierung über eine derart lange Zeit überstehen. Und, und, und.

Das Buch ist hochphilosophisch und fordert dem Leser eine Menge Ausdauer ab. Mitdenken ausdrücklich gewünscht. Das Setting ist vollkommen steril, die Umgebung, die Dialoge sind ohne jegliche emotionale Wärme, alles wirkt sprachlich bereits sehr unterkühlt. Das ist sprachlich geschickt, ja meisterlich gelöst und geht Hand in Hand mit Titel und Thematik. Dafür Hut ab. Die handelnden Akteure, vor allem Ross, wirken dabei aber weniger wie natürliche Personen als vielmehr wie abstrakte Prinzipien, die sich gegenüberstehen. So sprechen keine Menschen, es ist alles auf die reine Sachebene reduziert. Wenn Jeffrey alleine durch die riesige Anlage streift, bleibt alles anonym, Türen verschlossen, keine Beschilderungen, kaum ein Mensch zu sehen, dabei gibt es zahlreiche Mitarbeiter, Techniker, Kryokandidaten, Angehörige, sogar ein Hospiz. Das ist dann recht kafkaesk.

Man kann als Leser herrlich über die aufgeworfenen Fragen sinnieren, allerdings ist das auch recht zäh. Oder um es vielleicht etwas überspitzt zu formulieren: ein starkes Buch, aber ein schwacher Roman. Es gibt so gut wie gar keine Handlung. Jeffrey sucht die Kryoanlage seines Vaters auf und es werden philosophische Ansichten ausgetauscht. Das ist alles, mehr passiert nicht. DeLillo kommt inhaltlich nicht auf den Punkt, auch am Ende bleibt alles offen. Es gibt keine Spannungskurve, keine Dramaturgie. Der technische Vorgang selbst ist von nur geringer Bedeutung und wird so gut wie ausgeblendet. Darum geht es nicht. Irgendwann tut sich ein weiterer Abschnitt des Romans auf, indem ein wenig aus Jeffreys Leben erzählt wird. Das hat inhaltlich kaum einen Bezug zum Rest der Erzählung und erhellt leider keine weiteren Aspekte.

Ein interessantes Buch zu einem Thema, das die Menschheit umtreibt: kann ich den Tod überlisten und was bin ich bereit dafür zu tun. Sprachlich überragend, aber ohne relevante Handlung, die man von einem Roman erwartet. Das sollte man wissen.

geschrieben am 14.11.2016 | 656 Wörter | 3615 Zeichen

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