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Das Institut


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Rezension von

Thomas Stumpf

Das Institut Kurz und spoilerfrei zum Inhalt: Ein verschlafenes Nest irgendwo in Minneapolis: Ein Team aus unbekannten Tätern entführt den hochintelligenten zwölfjährigen Luke Ellis des Nachts aus seinem Haus und ermordet kaltblütig seine Eltern. Er wird in einen anonymen schwarzen SUV gepackt und an einen weit entfernten geheimen Ort verschleppt. So landet er im „Institut“, einem heruntergekommenen, mit Zäunen, Kameras und Wachpersonal ausgerüsteten Lager mitten in den dichten Wäldern Maines. Dort trifft Luke auf andere Kinder, teils in seinem Alter, aber auch auf jüngere Kinder, die ausnahmslos auf dieselbe Weise an diesen schrecklichen Ort gelangt sind. Gemein haben alle eine ungewöhnliche Gemeinsamkeit: Sie sind paranormal begabt, entweder versehen mit telekinetischen oder telepathischen Kräften. Die meisten nur ganz schwach und einige wissen es noch nicht einmal selbst. Andere haben diese Fähigkeiten schon an sich entdeckt. Ellis ist nur ganz schwach telekinetisch begabt. Er schließt Freundschaften zu Kalisha, Nick, George, Iris und dem jüngeren Avery, der besonders starke telepathische Kräfte hat. Doch keiner von ihnen weiß, warum er dort ist und was das alles soll. Luke erfährt, dass die entführten Kinder eine Weile im Vorderbau des Instituts untergebracht werden, wo man sie schlägt, schlecht behandelt, sie willkürlichen Test unterzieht und ihnen Spritzen mit unbekannten Substanzen verabreicht. Nach einer Weile werden einige Kinder ausgewählt und in den Hinterbau des Instituts gebracht. Von dort kehrt keiner zurück. Als Luke in den Hinterbau gebracht wird, werden die Versuche grausamer. Er erhält von Ärzten weitere Spritzen und wird in einen Wassertank gesteckt und mehrfach an den Rand des Ertrinkens gebracht. Außerdem müssen die Kinder dort immer wieder Filme anschauen. Es werden bestimmte Menschen gezeigt und am Ende eines jeden Films erscheint auf der Leinwand ein Mann, der eine nicht angezündete Wunderkerze hält. Die Kinder leiden an schlimmen Kopfschmerzen, die sich mit jedem Film verstärken und sie verlieren mehr und mehr von ihrer Persönlichkeit. Alles dient einem perfiden Zweck. Ein Entkommen erscheint unmöglich. Doch Luke ist ein verdammt cleverer Junge. Mehr möchte ich zum Inhalt nicht verraten. In diesem bärenstarken Buch spinnt Stephen King eine interessante Idee: Was wäre, wenn das skandalöse MK-Ultra-Projekt der CIA niemals beendet worden wäre? Von den frühen Fünfzigern an führte die CIA in geheimen, illegalen Experimenten bis in die Siebziger Menschenversuche durch, mit dem Ziel, Bewusstseinskontrolle und paranormale Fähigkeiten bei Menschen zu triggern. Zu diesem Zweck wurden Drogen wie LSD und andere psychoaktive Substanzen zwangsweise verabreicht, wobei die Probanden - ganz praktisch - aus Gefängnissen oder Heilanstalten zwangsrekrutiert wurden. Auch wurden Menschen zu diesem Zweck entführt. Es gab Folter und auch Todesfälle und das ganze führte zu einem Untersuchungsausschuss, wobei die CIA reihenweise Akten vernichtete. Der Film „Einer flog über das Kuckucksnest“ mit Jack Nicholson befasst sich mit dem MK-Ultra-Projekt und auch Stephen King selbst hatte dieses Thema in seinem Roman „Feuerkind“ bereits vor Jahrzehnten thematisiert. Mit „Das Institut“ schlägt Stephen King nun die Brücke in die Gegenwart und trifft ins schwarze Herz der USA. Institutionelles Handeln im vermeintlich rechtsfreien Raum, Entführungen zu Black Sites, Guantanamo, Waterboarding, Elektroschocks und zuletzt die für eine freie Demokratie beschämende Inhaftierung von Kindern illegaler Einwanderer unter der Trump-Administration lassen King einen heftigen Ton anschlagen und ein deutliches Ausrufezeichen setzen. Seine Kritik könnte unverhohlener nicht sein. Trump (im Roman auch gerne „der Armleuchter aus New York“) bekommt an mehreren Stellen sein Fett weg. Die durch Misstrauen und übersteigerten Nationalismus hervorgerufenen gesellschaftlichen Missstände werden offengelegt und King zeigt, wie zuletzt etwa auch in „Die Erhebung“, dass es trotz der aktuellen Lage in den USA ein anderes Amerika gibt, mit hilfsbereiten, guten Menschen, die sich für andere einsetzen. Es sind dies bei King vor allem die sogenannten „kleinen Leute“ - die Haushälterin, die Obdachlose, der Verladearbeiter - die die Fahne des Anstands hochhalten, Leute, die selbst nicht viel haben, aber nicht ihre Menschlichkeit verloren haben. Auch dies ein klares Signal. Wieder einmal verteidigt King die Menschenwürde und erhebt seine Stimme gegen Unterdrückung und Willkür. Der Horror in diesem Buch geht vom Menschen aus. Aber vergessen wir nicht das wichtigste bei einem Roman: Es ist eine verdammt gute und sehr spannend erzählte Geschichte, in deren Mittelpunkt einmal mehr Kings Lieblingsthema steht: die Bedrohung des Kindes. Die 800 Seiten vergehen wie im Flug, man kann einfach nicht aufhören zu lesen. Wie meistens glänzt King mit lebensnahen, natürlichen Figuren. Seinen phantastischen Elementen setzt er wie immer einen beinharten Realismus entgegen, der die Geschichte erdet und glaubwürdig macht. Dieser Dualismus ist vielleicht eine von Kings größten Stärken. Man leidet und fiebert mit und hofft, dass die Unterdrücker irgendwann die Quittung für ihr Handeln bekommen. „Das Institut“ gehört für mich zu den besten King Büchern überhaupt.

Kurz und spoilerfrei zum Inhalt:

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Ein verschlafenes Nest irgendwo in Minneapolis: Ein Team aus unbekannten Tätern entführt den hochintelligenten zwölfjährigen Luke Ellis des Nachts aus seinem Haus und ermordet kaltblütig seine Eltern. Er wird in einen anonymen schwarzen SUV gepackt und an einen weit entfernten geheimen Ort verschleppt. So landet er im „Institut“, einem heruntergekommenen, mit Zäunen, Kameras und Wachpersonal ausgerüsteten Lager mitten in den dichten Wäldern Maines. Dort trifft Luke auf andere Kinder, teils in seinem Alter, aber auch auf jüngere Kinder, die ausnahmslos auf dieselbe Weise an diesen schrecklichen Ort gelangt sind. Gemein haben alle eine ungewöhnliche Gemeinsamkeit: Sie sind paranormal begabt, entweder versehen mit telekinetischen oder telepathischen Kräften. Die meisten nur ganz schwach und einige wissen es noch nicht einmal selbst. Andere haben diese Fähigkeiten schon an sich entdeckt. Ellis ist nur ganz schwach telekinetisch begabt. Er schließt Freundschaften zu Kalisha, Nick, George, Iris und dem jüngeren Avery, der besonders starke telepathische Kräfte hat. Doch keiner von ihnen weiß, warum er dort ist und was das alles soll. Luke erfährt, dass die entführten Kinder eine Weile im Vorderbau des Instituts untergebracht werden, wo man sie schlägt, schlecht behandelt, sie willkürlichen Test unterzieht und ihnen Spritzen mit unbekannten Substanzen verabreicht. Nach einer Weile werden einige Kinder ausgewählt und in den Hinterbau des Instituts gebracht. Von dort kehrt keiner zurück.

Als Luke in den Hinterbau gebracht wird, werden die Versuche grausamer. Er erhält von Ärzten weitere Spritzen und wird in einen Wassertank gesteckt und mehrfach an den Rand des Ertrinkens gebracht. Außerdem müssen die Kinder dort immer wieder Filme anschauen. Es werden bestimmte Menschen gezeigt und am Ende eines jeden Films erscheint auf der Leinwand ein Mann, der eine nicht angezündete Wunderkerze hält. Die Kinder leiden an schlimmen Kopfschmerzen, die sich mit jedem Film verstärken und sie verlieren mehr und mehr von ihrer Persönlichkeit. Alles dient einem perfiden Zweck. Ein Entkommen erscheint unmöglich. Doch Luke ist ein verdammt cleverer Junge.

Mehr möchte ich zum Inhalt nicht verraten.

In diesem bärenstarken Buch spinnt Stephen King eine interessante Idee: Was wäre, wenn das skandalöse MK-Ultra-Projekt der CIA niemals beendet worden wäre? Von den frühen Fünfzigern an führte die CIA in geheimen, illegalen Experimenten bis in die Siebziger Menschenversuche durch, mit dem Ziel, Bewusstseinskontrolle und paranormale Fähigkeiten bei Menschen zu triggern. Zu diesem Zweck wurden Drogen wie LSD und andere psychoaktive Substanzen zwangsweise verabreicht, wobei die Probanden - ganz praktisch - aus Gefängnissen oder Heilanstalten zwangsrekrutiert wurden. Auch wurden Menschen zu diesem Zweck entführt. Es gab Folter und auch Todesfälle und das ganze führte zu einem Untersuchungsausschuss, wobei die CIA reihenweise Akten vernichtete.

Der Film „Einer flog über das Kuckucksnest“ mit Jack Nicholson befasst sich mit dem MK-Ultra-Projekt und auch Stephen King selbst hatte dieses Thema in seinem Roman „Feuerkind“ bereits vor Jahrzehnten thematisiert.

Mit „Das Institut“ schlägt Stephen King nun die Brücke in die Gegenwart und trifft ins schwarze Herz der USA. Institutionelles Handeln im vermeintlich rechtsfreien Raum, Entführungen zu Black Sites, Guantanamo, Waterboarding, Elektroschocks und zuletzt die für eine freie Demokratie beschämende Inhaftierung von Kindern illegaler Einwanderer unter der Trump-Administration lassen King einen heftigen Ton anschlagen und ein deutliches Ausrufezeichen setzen. Seine Kritik könnte unverhohlener nicht sein. Trump (im Roman auch gerne „der Armleuchter aus New York“) bekommt an mehreren Stellen sein Fett weg.

Die durch Misstrauen und übersteigerten Nationalismus hervorgerufenen gesellschaftlichen Missstände werden offengelegt und King zeigt, wie zuletzt etwa auch in „Die Erhebung“, dass es trotz der aktuellen Lage in den USA ein anderes Amerika gibt, mit hilfsbereiten, guten Menschen, die sich für andere einsetzen. Es sind dies bei King vor allem die sogenannten „kleinen Leute“ - die Haushälterin, die Obdachlose, der Verladearbeiter - die die Fahne des Anstands hochhalten, Leute, die selbst nicht viel haben, aber nicht ihre Menschlichkeit verloren haben. Auch dies ein klares Signal. Wieder einmal verteidigt King die Menschenwürde und erhebt seine Stimme gegen Unterdrückung und Willkür. Der Horror in diesem Buch geht vom Menschen aus.

Aber vergessen wir nicht das wichtigste bei einem Roman: Es ist eine verdammt gute und sehr spannend erzählte Geschichte, in deren Mittelpunkt einmal mehr Kings Lieblingsthema steht: die Bedrohung des Kindes. Die 800 Seiten vergehen wie im Flug, man kann einfach nicht aufhören zu lesen. Wie meistens glänzt King mit lebensnahen, natürlichen Figuren. Seinen phantastischen Elementen setzt er wie immer einen beinharten Realismus entgegen, der die Geschichte erdet und glaubwürdig macht. Dieser Dualismus ist vielleicht eine von Kings größten Stärken. Man leidet und fiebert mit und hofft, dass die Unterdrücker irgendwann die Quittung für ihr Handeln bekommen. „Das Institut“ gehört für mich zu den besten King Büchern überhaupt.

geschrieben am 08.10.2019 | 756 Wörter | 4517 Zeichen

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